Das erste Schützenfest für die Allgemeinheit
Der Allgemeine Schützenverein St. Martinus wurde vor 160 Jahren gegründet und feierte 1864 auch sein erstes Schützenfest. Doch bevor es soweit war, mussten wichtige Personen dem Bittgesuch für das Fest stattgeben.
2024 ist für die Sendenhorster Martinus-Schützen ein bedeutendes Jahr. Nach 30 Jahren gibt es einen neuen Termin für das traditionelle Schützenfest, das langjährige Vorstandsduo Uwe Landau und Marcel Schumann gibt zum Jahresende seine Ämter ab (wir berichteten), und der Verein feiert sein 160-jähriges Bestehen. Dieser „Geburtstag“ ist einigen hartnäckigen Sendenhorstern zu verdanken, die für die Allgemeinheit ein zünftiges Schützenfest auf die Beine stellen wollten, bei dem jeder mitfeiern konnte.
Schützenfest für alle
Bereits vor 1864 gab es in Sendenhorst einige Versuche, ein großes Schützenfest zu feiern. Am 11. Juli 1864 stellte schließlich eine Gruppe von Menschen ein offizielles Bittgesuch beim Bürgermeisteramt, ist der Chronik des Allgemeinen Schützenvereins St. Martinus 1864 Sendenhorst zu entnehmen. Sie wollten ein allgemeines Schützenfest ins Leben rufen. Die Mitstreiter kamen aus der Stadt und dem Umland. Sie wählten Vorstandsmitglieder und planten, das Fest am 25. und 26. Juli 1864 zu feiern.
So einfach ging das natürlich mal eben nicht. In ihrem Bittgesuch baten sie um polizeiliche Genehmigung und versprachen, „das Fest in Ruhe und Ordnung abzuhalten“. Zuständig für die polizeiliche Genehmigung war auch damals schon der Landrat, in diesem Fall Graf von Schmiesing-Kerssenbrock in Beckum. Und so leitete das Bürgermeisteramt den Antrag inklusive der Statuten weiter und versprach zugleich: „Es wird danach gesehen, dass das Fest in der größten Ruhe und Ordnung verläuft.“ Der Herr Graf hatte keine Einwände, auch weil in Sendenhorst noch kein allgemeines Schützenfest gefeiert worden war, konsultierte vor der Entscheidung aber noch den Pfarrer, der auch nichts dagegen hatte. Und so konnten die Vorbereitungen gestartet werden.
Das erste Schützenfest fand im Festsaal der Gastwirtschaft Silling statt. Dabei wurde nicht auf einen Vogel geschossen, sondern am ersten Festtag auf eine Scheibe, wie es noch heute bei der weit älteren Johannisbruderschaft üblich ist. Na ja, um König werden zu können, brauchte es gewisse Voraussetzungen, ums mal so auszudrücken. Die erfüllte Brennereibesitzer Bernhard Werring von der Südstraße offenbar voll und ganz: „Das 18. Lebensjahr lange erreicht, im Vollbesitz bürgerlicher Ehrenrechte, einen unbescholtenen Ruf genießend und keine Unterstützung aus öffentlichen Armenmitteln erhaltend“, lautete laut Chronik das damalige Attest für den ersten Regenten, der Anna Werring zur Königin erkor.
Der Genuss von gekühltem Gerstensaft spielte auch damals schon eine gewisse Rolle. „Wirtschaft und Restauration wurden meistbietend verpachtet, jedoch musste der Unternehmer Mitglied der Gesellschaft sein. Sehr streng wurde darauf geachtet, dass während der Festtage nur Bier- und Zuckerwasser im Tanzzelt verabreicht wurde“, ist der entsprechende Paragraf in der Chronik der Martinus-Schützen erläutert.
Schützenfest fällt Hagel zum Opfer
Auch ein Jahr später wurde das Schützenfest in ähnlichem Rahmen gefeiert. Doch dann war erst einmal Schluss mit dem Königsschießen. Zwar wurde 1866 ein Fest gefeiert, das in der Chronik aber als Siegesfest tituliert wird. Die Preußen besiegten in der Schlacht bei Königgrätz die Armeen von Österreich und Sachsen. Und das Schützenfest ein Jahr später fiel im wahrsten Sinne des Wortes dem Hagel zum Opfer. Als die Festwirtin Silling beim Bürgermeisteramt die Erlaubnis für das Fest einholen wollte, wurde ihr mitgeteilt, dass ein solches Fest in dem Jahr nicht wünschenswert sei, da der sehr starke Hagelschlag im Jahr 1866 erhebliche Verwüstungen auch an Häusern und auf Höfen von Schützen angerichtet habe.
Da half auch der Protest von Festwirtin und Schützenvorstand bei der Königlichen Regierung und beim Generalkommando, beide mit Sitz in Münster, nichts. Und auch der Hinweis nicht, dass bereits Lebensmittel und Bier eingekauft und die Tanzmusik bestellt worden sei. Danach wurde das Schützenfest zehn Jahre kontinuierlich gefeiert.
Viel feiernde Konkurrenz
Doch das Fest im Jahr 1876 war für 25 Jahre das letzte. Viel Konkurrenz in der Stadt, etwa der neue Krieger- und Landwehrverein und besagte Johannisbruderschaft mit eigenen großen Festen, sowie ein verschuldeter Allgemeiner Schützenverein ließen das Interesse an diesem Schützenfest rapide sinken. Die alljährlichen und ganztägigen anderen Vereinsfeste beinhalteten zudem neben Umzügen auch Preisschießen und Festbälle.
Im Januar 1901 schließlich, nach 25-jähriger ungewollter Abstinenz, kamen Tischlermeister Hermann Kruse, Schuhmachermeister Hermann Schlautmann, Kaufmann Heinrich Höne-Kühl und Hermann Degenhardt zusammen, um eine erneute Vereinsneugründung auf die Beine zu stellen und das Schützenfest wiederzubeleben. Und schon bald gehörtem dem Verein wieder 180 Männer an, heißt es in der Chronik.